Pionierin der Umweltbewegung

Photo: U.S. Fish and Wildlife Service, Public domain, via Wikimedia Commons

„Die Annahme scheint mir vernünftig, dass je klarer wir unsere Aufmerksamkeit auf die Wunder und die Realitäten des uns umgebenden Universums richten können, desto weniger Zerstörungslust empfinden werden. 

– Rachel Carson

Rachel Carsons Appell an die Gesellschaft erscheint heute, mehr als 70 Jahre, nachdem sie die Worte im Rahmen einer Dankesrede formulierte, aktueller denn je. Heute vor genau 62 Jahren erschien ihr wohl berühmtestes Werk: Der stumme Frühling (Silent Spring). Zeit also, einen genaueren Blick auf die Pionierin der Umweltbewegung zu werfen.

Meeresbiologin, Zoologin, Autorin, Poetin, Wissenschaftsjournalistin und eine Frau, deren Fähigkeit zu staunen sie zeitlebens antrieb: Die 1907 in Pennsylvania geborene Carson vereinte eine Vielzahl von Talenten und nutze diese, um die Öffentlichkeit auf die Wunder der Natur und deren gleichzeitiger Bedrohung durch menschliche Einflüsse aufmerksam zu machen.

Zunächst noch Studentin der englischen Literatur, wechselte sie bald darauf zur Biologie. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst als wissenschaftliche Autorin und später als Biologin bei der US-Fischereibehörde. Dort war sie die zweite Frau überhaupt, die als Wissenschaftlerin eingestellt wurde. Um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, schrieb sie zusätzlich Fachartikel für Zeitschriften. Schon die ab 1952 veröffentlichten Bücher ihrer „Meerestrilogie“ – Wunder des Meeres (The Sea Around Us), Am Saum der Gezeiten (The Edge of the Sea) und Unter dem Meerwind (Under the Sea Wind, als Wiederauflage von 1941) – wurden zu Bestsellern. Ihre Bücher erreichten auch deshalb so viele Menschen, weil es ihr gelang, naturwissenschaftliche Fakten und Poesie miteinander zu verbinden.

Privat erlitt Carson einige Schicksalsschläge. Nach dem Tod ihrer älteren Schwester im Jahr 1937 kam sie finanziell für ihre beiden Nichten und ihre Mutter auf. Als schließlich 1957 ihre Nichte verstarb, adoptierte sie mit 47 Jahren ihren Großneffen Roger. Im Jahr darauf verstarb ihre Mutter, zu der sie stets ein enges Verhältnis hatte.

Seit spätestens 1945 beschäftigte sich Carson mit den Auswirkungen von Insektiziden, die in den 1950ern und 1960ern breite Anwendung in den USA fanden und mithilfe von Flugzeugen weitflächig verteilt wurden. Die Veröffentlichung ihres bis heute bekanntesten Buches Der stumme Frühling (Silent Spring) im Jahre 1962 machte Carson endgültig berühmt. In ihrem Werk thematisierte sie die Folgen der unregulierten Pestizidnutzung auf den natürlichen Kreislauf und argumentierte, dass insbesondere das Pestizid DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) negative, langanhaltende Folgen für das gesamte Ökosystem habe. Gleichzeitig warnte sie davor, dass durch die ungebremste Anwendung von Pestiziden nicht nur andere Tierarten als Insekten – etwa Vögel – dezimiert würden, sondern diese durch die Aufnahme des Gifts innerhalb der Nahrungskette in letzter Konsequenz auch für den Menschen eine ernstzunehmende Bedrohung darstellten.

Das Buch hatte politische und gesellschaftliche Sprengkraft. Neben anderen Personen des öffentlichen Lebens erhielt auch der damalige Präsident John F. Kennedy einen Vorabdruck des Buches und ordnete daraufhin eine Untersuchungskommission an. Obwohl Carson viel positive Resonanz erhielt, wurde sie schon im Vorfeld der Veröffentlichung von Chemie- und Agrarkonzernen angefeindet. Sie sah sich Kampagnen ausgesetzt, die ihre Fachkompetenz diskreditieren und ein Bild von ihr als unwissenschaftlich und „hysterisch“ zeichnen sollten. Neben der minutiösen fachlichen Ausarbeitung ihres Buches war es insbesondere ein überzeugender TV-Auftritt mit einigen ihrer schärfsten Kritiker, welcher die öffentliche Meinung weiter zu ihren Gunsten beeinflusste.

Bereits während ihrer Arbeit an Der stumme Frühling war Carson gesundheitlich stark angeschlagen. 1960 erhielt sie die Diagnose Brustkrebs, welche eine Reihe von Bestrahlungstherapien und eine Masektomie nach sich zogen. Das weitgehende Verbot von DDT im Jahre 1972 erlebte Carson nicht mehr. Sie verstarb bereits 1964 im Alter von nur 56 Jahren.

Posthum wurde ihr 1980 die Presidential Medal of Freedom, die höchste zivile Auszeichnung in den USA, verliehen. Heutzutage sind mehrere Auszeichnungen und Preise nach ihr benannt. Übrigens: Carson heiratete nie. Zeitlebens verband sie eine enge Beziehung zu ihrer Freundin Dorothy Freeman. Uneinigkeit herrscht darüber, ob es sich um eine freundschaftliche oder eine Liebesbeziehung handelte. Unbestritten hingegen ist, dass Rachel Carson bis heute als eine der Vorreiterinnen der Umweltbewegung gilt und maßgeblich dazu beitrug, ein neues Bewusstsein für die Interaktion des Menschen mit dem ihm umgebenden Ökosystem zu schaffen – mehr als sechzig Jahre nach dem Erscheinen von Der Stumme Frühling ein Thema von ungebrochener Relevanz.

Laura Pütz für Zum Staunen*

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